Stromspeicher und
virtuelle Kraftwerke
Das Ziel: Elektroautos
systemstabilisierend ins Stromnetz einbinden und neue Geschäftsmodelle hierzu
entwickeln. Was letztendlich realisierbar ist, hängt vor allem vom Ladeverhalten
ab. Ergebnisse hierzu liefert das enercity-Forschungsprojekt "Demand Response -
das Auto als aktiver Speicher und virtuelles Kraftwerk" im Niedersächsischen
Schaufenster Elektromobilität. Insgesamt 40 Fahrzeuge standen im Praxistest
mit eigens entwickelten intelligenten Ladeboxen, davon 30 unterschiedliche Elektroautos privater und
gewerblicher Herkunft sowie 10 VW e-up! aus dem enercity-Fuhrpark. Ende des
Jahres 2015 war der Feldversuch beendet und bietet Grundlagen für den Ausbau der
E-Mobilität.
„Unser Projekt zeigt, dass die
angebotenen und erprobten Lademodelle einfach handhabbar sind, in die
Alltagsabläufe passen und eine hohe Flexibilität aufweisen. Positiv zu bewerten
ist, dass rund 90% des Energiebedarfs flexibel geladen wurden und so die
Stromnetze stabilisiert und entlastet werden könnten. Die ersten Auswertungen bestätigen eine große Nutzerakzeptanz für
netzgesteuertes Laden“, bewertet Projektleiter Matthias Röhrig, der als
enercity-Abteilungsleiter für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle
verantwortlich ist, die Praxistests.
Das Ladeverhalten der Testgruppe
im Raum Hannover, Nienburg und Salzgitter betrachtete das Projekt unter vier
verschiedenen Bedingungen. Dazu wurde in jeder Phase ein weiterer Lademodus
aktiviert, zwischen denen die Nutzer wählen konnten:
·
beliebiges Laden
(Referenzphase 1)
·
Laden zu definierten
Zeitfenstern (Phase 2:
Ladezeiten von 23 – 7 Uhr oder 11 – 15 Uhr) sowie
·
Laden von Strom gemäß Einspeisung durch Erneuerbare
(Phase 3: garantierte 3 Stunden Ladezeit zwischen 0 und 6 Uhr, zusätzliche
variable Ladezeiten je nach Wetterprognose).
·
stromnetzgeführtes Laden oder
Ausspeisen von Strom (Phase 4: flexible Ladezeiten innerhalb der gewählten
Mindestanschlusszeit von 6 h sowie Bereitschaft zum Entladen).
Ungesteuertes Laden erhöht
Lastspitzen im Stromnetz
Die erste
18-wöchige Referenzphase zeigte, wie alle gewohnheitsmäßig luden. Die häufigsten
Ladezeitpunkte lagen in der höchste Stromnachfrage des Tages, zwischen 18 und 20
Uhr. Das ungesteuerte Laden von zukünftig massenhaft eingesetzten E-Fahrzeugen
würde zu noch höheren Lastspitzen, besonders in den Abendstunden führen. Die
Grundidee des Projekts, das Laden von E-Autos stromnetzstabilisierend zu
steuern, erwies sich deshalb als dringlich.
Bereits der
erste Steuerungsansatz, die Vorgabe definierter Zeitfenster in der Phase 2, war
erfolgversprechend. Bei den 40 Probanden erfolgte eine deutliche
Lastverschiebung in Richtung späterer Stunden, in der sich die Gesamtlastkurve
im Stromnetz wieder auf Talfahrt befindet.
E-Autos als
Baustein der Energiewende
Die zunächst
statischen Zeitfenster berücksichtigten noch nicht das willkürliche Aufkommen
von Wind- und Solarstrom. Die netzseitig vorgegebenen variablen Zeitfenster beim
flexiblen Lademodus waren der nächste Schritt. Aber werden die Nutzer hier
mitmachen? Akzeptieren sie die flexibel vorgegebenen Ladezeiten? Aber auch hier
machten über zwei Drittel der Probanden gut mit. Über 90 % der Ladevorgänge
wurden in flexible Zeiten verschoben. „Das konkrete Wahlverhalten im
Projektverlauf zeigte, dass gesteuerte Ladezeiten alltagstauglich sind“, so
Röhrig.
Hauptmotivation, die Ladeprogramme zu
nutzen, war das hohe Umweltengagement der Nutzer. Insbesondere wurde das
Lademodell bevorzugt, das in Zeiten hoher Stromeinspeisung durch Erneuerbare
aktiv wird. Die Ladevorgänge konnten so in diese Zeiten sowie in Nachtstunden
mit geringer Stromnachfrage verlagert werden. Die meisten Teilnehmer schätzten
die Ladeprogramme als sinnvoll, innovativ und zukunftsfähig ein.
Das flexible Laden war so gut möglich, weil nur ein Fünftel der Tester an Werktagen eine Akkuladung von 80% oder mehr benötigen. Die Hälfte kam für ihre Alltagswege mit der halben Akkuladung aus. Durchschnittlich wurde nur an jedem zweiten Tag geladen. Während die Akzeptanz unter der Woche sehr hoch war, dominierte am Wochenende ein höherer Wunsch nach individueller Lade-Sicherheit. Es sollten in der Freizeit alle Optionen offen bleiben, obwohl die Messergebnisse zeigen, dass der tatsächliche Bedarf geringer ist. Außerdem fiel auf, dass sich die Einstellung der Teilnehmer während des Feldversuchs veränderte. Nach dem Feldversuch herrschte insgesamt ein geringerer Kontrollwunsch über den Ladevorgang.
Am Ende des Projekts
wurde getestet, wie sich Elektrofahrzeuge in virtuellen Kraftwerken nützlich
machen können. Die Nutzer gaben die geplante Abfahrtszeit ein, zu der das
Fahrzeug geladen sein sollte. Während der mehrere Stunden umfassenden Standzeit
des Autos kann so schwankende Erzeugung oder Nachfrage durch das Laden oder
Entladen ausgeglichen werden.
Detaillierte Projektergebnisse
veröffentlicht enercity nach Fertigstellung des Abschlussberichts im Sommer
2016.
Ein kurzer Film zum Projekt gibt einen kompakten Überblick zum
enercity-Ladeversuch:
https://mams.enercity.de/pindownload/login.do?pin=G5MXT
Hintergrundinformationen zum
Projekt "Demand Response"
Das Projekt "Demand Response -
das Auto als aktiver Speicher und virtuelles Kraftwerk" wird im Rahmen des
Schaufensters Elektromobilität von der Bundesregierung gefördert. Träger des
Projekts ist die enercity Contracting GmbH. Bei dem Forschungsvorhaben
untersucht die enercity zusammen mit der Leibniz Uni Hannover (Institut für
Energieversorgung und Hochspannungstechnik) und dem Institut für Transportation
Design aus Braunschweig die Randbedingungen und Möglichkeiten einer Integration
von Elektrofahrzeugen in die bestehenden energiewirtschaftlichen Systeme. Ziel
ist die Entwicklung von marktfähigen Geschäftsmodellen, die das Nutzerverhalten
so steuern, dass Elektromobilität einen nennenswerten Beitrag zur Stabilisierung
des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems liefern kann. Bei insgesamt 40
Elektrofahrzeugen wird das Ladeverhalten der Nutzer untersucht. Dazu wurde eine
CarConnectBox (CCB) entwickelt, mit der die Ladevorgänge aufgezeichnet und
gesteuert werden können. Nachdem die an 40 Stellplätzen installiert worden war,
startete der Elektroauto-Ladeversuch bei enercity am Dienstag, den 27. Mai 2014.
Neben 30 unterschiedlichen Elektroautos privater und gewerblicher Herkunft
nehmen auch 10 VW e-up! aus dem enercity-Fuhrpark an dem Feldversuch
teil.
Das Projekt "Demand Response" ist
eines von rund 30 Projekten im Schaufenster Elektromobilität der Metropolregion
Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg. Es wird mit rund 640.000 Euro vom
Bundesministerium für Wirtschaft im Rahmen der Schaufensterinitiative der
Bundesregierung gefördert.
Weitere Informationen zum
niedersächsischen Schaufenster Elektromobilität: www.metropolregion.de/emobil
Die Bundesregierung hat im April
2012 vier Regionen in Deutschland als "Schaufenster Elektromobilität" ausgewählt
und fördert hier auf Beschluss des Deutschen Bundestags die Forschung und
Entwicklung von alternativen Antrieben. Insgesamt stellt der Bund für das
Schaufensterprogramm Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro bereit. In den
groß angelegten regionalen Demonstrations- und Pilotvorhaben wird
Elektromobilität an der Schnittstelle von Energiesystem, Fahrzeug und
Verkehrssystem erprobt.
Hintergrundinformationen zur
CarConnectBox (CCB)
Die CarConnectBox stellt als
sogenannte Wallbox die Schnittstelle zwischen Elektrofahrzeug und dem Stromnetz
dar. Über sie wird die Fahrzeugbatterie mit einer standardisierten
Steckverbindung geladen. Darüber hinaus bindet die CarConnectBox den
Fahrzeugnutzer in das Projekt ein und ermöglicht die Auswertung und
Fernsteuerung der Ladevorgänge durch die Leitwarte. Dafür ist sie zum einen mit
entsprechender Messtechnik und zum anderen mit einer Mobilfunkverbindung
ausgerüstet, die eine Kommunikation unabhängig von der Internetanbindung der
Versuchsteilnehmer ermöglicht.
Speziell für die
Typ-2-Ladesteckdose enthält sie Komponenten, die einen sicheren Ablauf der
Ladung gewährleisten. An diesem Anschluss der CarConnectBox ist eine
Ladeleistung bis 22 kW bei geeigneter Auslegung der Hausinstallation und des
Elektrofahrzeugs möglich. Über den Touchscreen wählt der Nutzer das gewünschte
Ladeprogramm und erhält Informationen über den Ladevorgang. Neben der aktuellen
Ladeleistung wird hier auch der Energieverbrauch des aktuellen und des letzten
Ladevorgangs dargestellt.
Die CarConnectBox sowie die
Leitwarte des Projekts wurden am Fachgebiet Elektrische Energieversorgung des
Instituts für Energieversorgung und Hochspannungstechnik (IEH) an der Leibniz
Universität Hannover in Kooperation mit den Projektpartnern entwickelt. Auch
Studierende des Instituts haben hier engagiert mitgewirkt und den gesamten
Vorgang von der Planung bis zur Testphase begleitet. Nach der Entwicklung des
Prototypen wurden die 40 CarConnectBoxen durch Auszubildende in der
Ausbildungswerkstatt von enercity gebaut.
Quelle: Enercity-Pressemitteilung
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